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Vitalität der Lämmer

 

Neben der Mütterlichkeit der Auen und einer geeigneten Umgebung wird die Überlebensrate  der Lämmer auch beeinflusst durch die Vitalität (Lebensfähigkeit) der Lämmer. Zwischen 80 % (erste Lebenswoche) und 57 % (zweite Lebenswoche) der Lämmerverluste sind das Ergebnis einer Kausalkette aus negativen Aspekten (Mütterlichkeit, Sauerstoffmangel bei zu langer Geburt, Umgebung, Witterung, Unfälle), zu denen auch Vitalitätsschwächen gehören. Da sich nicht alle Glieder der Kausalkette durch den Züchter beeinflussen lassen (z.B. Witterung), ist es wichtig, die beinflussbaren Teile der Kette möglichst zu stabilisieren um Lämmerverluste zu vermeiden. Entsprechend ist es von zentraler Bedeutung, neben Schafen mit guter Mütterlichkeit auch Lämmer mit guter Vitalität zu züchten, was wiederum voraussetzt, dass der Züchter die wichtigen Vitalitätsmerkmale kennt.

Ein leicht messbares und aussagefähiges Kriterium der Vitalität von Lämmern ist das Geburtsgewicht des Lammes im Verhältnis zum Gesamtgewicht der Mutter. Das Risiko von Lämmerverlusten steigt bei Abweichungen vom Normalgewicht sowohl zu unterdurchschnittlichen (Hauptgrund für Lämmerverluste) als auch zu überdurchschnittlichen Geburtsgewichten, denn zu hohe Geburtsgewichte führen zu längeren Geburten und damit zu einer Schwächung des Lammes. Auch steigt das Risiko von sog. Fehlhaltungen (Steißlage, Rückenlage etc.) mit steigendem Geburtsgewicht. Ein enger Zusammenhang besteht auch zwischen dem Geburtsgewicht und der Rektaltemperatur des Lammes, allerdings nur relativ schnell nach der Geburt, was die Erfassung wegen des kleinen Zeitfensters deutlich erschwert. Bei neugeborenen Lämmern liegt die Rektaltemperatur bei 39,0 °C +/- 0,7 °C (Uterusinnentemperatur 40°C, Umgebungstemperatur im April 10 bis 15 °C!, vergl. Abbildung)) und bei bis zu 4 Stunden alten Lämmern bei 38,6 °C +/- 0,5 °C. Lämmer mit einer höheren Rektaltemperatur (meist etwas schwerere Lämmer mit günstigem Oberflächen-Volumen-Verhältnis) unternehmen die ersten Aufstehversuche ca. 7 min früher als Lämmer mit niedriger Rektaltemperatur, fangen damit schneller an zu trinken und haben so bessere Überlebenschancen, insbesondere bei ungünstigen Witterungsbedingungen.

Im Schnitt fangen Lämmer wenige Minuten nach der Geburt mit Beinbewegungen und Aufstehversuchen an. Nach 10 bis 30 Minuten stehen die Lämmer zum ersten mal, nach 10 bis 90 Minuten saugen sie zum ersten mal und trinken dann ca. 15 mal pro Stunde. Die schnelle Aufnahme der sog. Kolostralmilch ist dabei nicht nur für eine passive Immunisierung wichtig (hält nur zwei Wochen), sondern die Kolostralmilch stellt auch die einzige Energiequelle der Lämmer für die energieaufwendige Regulation der Körpertemperatur dar. Eine Unterversorgung mit Kolostralmilch führt zwangsweise zur Hypothermie (Unterkühlung) und beeinflusst damit die Mortalität. Deshalb benötigen Lämmer innerhalb der ersten zwei bis vier Stunden eine ausreichende Menge an Kolostralmilch um damit ihren Energiebedarf zu decken und neben der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur auch die Atmung und das Herz-Kreislauf-System in Gang zu halten. Aus den Betrachtungen zur Temperaturregulation ergibt sich auch, dass eine Selektion auf kürzere Zwischenlammzeiten zu ungünstigen Ablammungsterminen und damit zu höheren Lämmerverlusten bei Landschafen führen würde. 

 

Die Vitalität der Lämmer kann durch die nachfolgenden Punkte beeinflußt werden:

  1. Die optimale Fütterung der Mutterschafe während Trächtigkeit und Ablammung beeinflussen nicht nur das Geburtsgewicht und das Verhalten der Lämmer sondern auch  die Kondition und die Kolostrumbildung der Mutter. 70 % des fötalen Wachstums findet in den letzten sechs Wochen der Trächtigkeit statt.
  2. Landschafrassen bekommen Lämmer mit geringeren Geburtsgewichten als Intensivschafrassen.
  3. Größe des Mutter- und Vatertieres spielen durch die genetische Veranlagung eine Rolle. Je größer die Eltern, desto schwerer das Lamm.
  4. Lämmer von Landschafrassen stehen schneller auf, beginnen schneller mit der Eutersuche und trinken bis zu 10 min früher.
  5. Männliche Lämmer zeigen höhere Geburtsgewichte als weibliche Lämmer.
  6. Die Rektaltemperatur von weiblichen Lämmern ist höher als bei männlichen Lämmern.
  7. Lämmer mit dem Geburtstyp „Einling“ sind häufig schwerer als Zwillingslämmer. Die Erhöhung der Fruchtbarkeit wirkt sich signifikant negativ auf die Verlustrate aus.
  8. Einlinge stehen und saugen schneller als Mehrlinge.
  9. Lämmer mit relativ hohem Geburtsgewicht saugen schneller und öfter.
  10. Bei besonders schweren Einlingen steigt die Geburtsdauer und das Risiko auf einen Sauerstoffmangel bei der Geburt.
  11. Bei Zwillingsgeburten steigt die Zeit, die das Muttertier benötigt, die Lämmer trocken zu lecken. Dadurch steigt der Energieverlust der Lämmer.
  12. Ein verzögerter Geburtsverlauf führt zu einem verzögerten Verhalten der Lämmer. Schnell geborene Lämmer sind deutlich aktiver.
  13. Eine lange Bewollung der Mutter erschwert die Kolostrumaufnahme.
  14. Die Euterbeschaffenheit (Form, Gesundheit) beeinflusst die Kolostrum-Aufnahme der Lämmer.
  15. Die Lämmer von  Zutretern saugen deutlich später als die Lämmer von erfahrenen Müttern. Erstlammende Schafe drehen sich oft zu ihren Lämmern um und erschweren so die Eutersuche.

 

Bei der ganzjährigen Freilandhaltung von grauen gehörnten Heidschnucken mit Ablammungen im Frühling können durch Kälte und Nässe schnell sehr hohe Energieverluste bei den Lämmern entstehen. Da die Lämmer nur geringe Energiereserven haben, können hohe Temperaturdifferenzen zwischen der  Intrauterintemperatur (40°C) und der Umgebung (10 bis 15 °C) den Lämmern schnell gefährlich werden, da bei niedrigen Umgebungstemperaturen viel Energie zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur benötigt wird. Bei sinkender Umgebungstemperatur sinkt die Körpertemperatur der Lämmer ebenfalls relativ schnell, was zu einer  verminderten Saugaktivität und dann zu einer verminderten Energieaufnahme und schließlich zum Tod des Tieres führen kann. Diesem Teufelskreis kann durch eine optimale Fütterung der Mutterschafe ca. sechs bis acht Wochen vor der Geburt wirksam begegnet werden. Durch Muttertiere mit optimaler Kondition erreichen die Lämmer ebenfalls optimale Geburtsgewichte und damit ausreichende Energiereserven, die die Vitalität der Lämmer steigert und die Verlustraten senkt.

 

Die Infrarotaufnahme einer Heidschnuckenmutter mit Lamm in der Sonne verdeutlicht, warum die Lämmer der grauen gehörnten Heidschnucke schwarz auf die Welt kommen: Die Tiere sind wegen des schwarzen Fells viel besser dazu in der Lage, Wärmestrahlung aufzunehmen. Die ausgewachsene, graue Mutter reflektiert Infrarotstrahlung mit bis zu 40,4°C während das schwarze Lamm lediglich eine Wärmestrahlung von 22,6°C abgibt und damit effektiv Wärme durch die Sonne aufnimmt.

Auch unsere Deutschen Reichshühner (schwarz-weiß-columbia) mögen kuschelige SchlafplätzeAuch unsere Deutschen Reichshühner (schwarz-weiß-columbia) mögen kuschelige Schlafplätze

Vitale Lämmer sind ausgesprochen verspielt und nutzen jeden Spielplatz.Vitale Lämmer sind ausgesprochen verspielt und nutzen jeden Spielplatz.

Durchschnittliche Temperatur zur Ablammzeit der grauen gehörnten HeidschnuckeDurchschnittliche Temperatur zur Ablammzeit der grauen gehörnten Heidschnucke

Energiebedarf von Mutterschafen im JahresverlaufEnergiebedarf von Mutterschafen im Jahresverlauf

3 Wochen altes Lamm der grauen gehoernten Heidschnucke beim Spielen.3 Wochen altes Lamm der grauen gehoernten Heidschnucke beim Spielen.

Erste Stehversuche der grauen gehoernten Heidschnucke nach weniger als 8 Minuten.Erste Stehversuche der grauen gehoernten Heidschnucke nach weniger als 8 Minuten.

Vitales Lamm der grauen gehoernten Heidschnucke, 5 Minuten alt!Vitales Lamm der grauen gehoernten Heidschnucke, 5 Minuten alt!

Deshalb sind die Lämmer der grauen gehörnten Heidschnucke schwarz!Deshalb sind die Lämmer der grauen gehörnten Heidschnucke schwarz!

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