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Genotypisierung

Wir haben in den letzten Jahren konsequent auf den Genotyp I selektioniert, so dass unsere Herde inzwischen nur noch aus Tieren mit dem Genotyp I besteht und wir als TSE-Resistenzzuchtbetrieb anerkannt sind.

Bereits 1738 wurde bei Schafen eine übertragbare Krankheit des Nervensystems beschrieben, bei der die Tiere stark abmagerten, motorische Störungen zeigten, sich unaufhörlich so stark kratzten, dass sie sich das Fell abscheuerten und im Endstadium der Krankheit wie Pferde trabten, mit den Lippen zitterten (gnubbeln) und schließlich verstarben. Die Analyse der Gehirne der verstorbenen Schafe zeigte auffällige, schwammartige Veränderungen (Löcher), bei denen das Gewebe offenbar zerstört wurde. Wegen des typischen, trabenden Ganges der Schafe wurde diese Krankheit in Deutschland als „Traberkrankheit“ bezeichnet, im englischsprachigen Raum wird sie als „Scrapie“ bezeichnet (Weil sich die Tiere wegen eines starken Juckreizes die Wolle abscheuern). Mehr als 200 Jahre später konnten die gleichen typischen Symptome auch bei Ziegen nachgewiesen werden (1942), dann bei Rindern (1985, Rinderwahnsinn, BSE) und schließlich beim Menschen (Kuru, Creuzfeld-Jakob-Erkrankung). Alle Krankheiten sind übertragbar, tödlich und gehören in die Gruppe der sog. „übertragbaren spongioformen Enzephalopathien" und werden, wie heute bekannt ist, durch ein körpereigenes Eiweißmolekül, das sog. Prion-Protein  ausgelöst, welches – aus noch weitgehend unbekannten Gründen – normalerweise harmlos ist, nach einer Infektion (oder spontan) in einer anderen Struktur gefaltet und dadurch pathogen werden kann.

Beim korrekt gefalteten Prion-Protein (PRPc) handelt es sich um ein kleines, aus 253 Aminosäuren aufgebautes Protein, welches auf den Zellmembranen von Nervenzellen angesiedelt ist, aus mehreren Helices besteht und an der Feinregulierung der Nervenzellen und der Signalkaskade beteiligt ist. Die Struktur dieses membrangebundenen, richtig gefalteten Proteins kann sich ändern, wenn es mit einem falsch gefalteten Prion-Protein (PRPsc) in Kontakt kommt. Durch diesen Kontakt verändert sich die Struktur des richtig gefalteten Proteins in exakt die gleiche Struktur wie das falsch gefaltete Protein, wodurch das ursprünglich gesunde Protein jetzt selbst infektiös wird und weitere Proteine in infektiöse Proteine umwandelt. So entstehen in einer Kettenreaktion immer neue und mehr falsch gefaltete Proteine (Krankheitserreger), die sich im Gehirn ausbreiten und schlussendlich die Nervenzellen zerstören, was zu den charakteristischen Löchern (Schwammstruktur) in den histologischen Schnitten führt (Abbildung). Diese falsch gefalteten Proteine enthalten an Stelle der Helices mehrere sog. Faltblattstrukturen (Abbildung), gelten als Erreger der Scrapie und zeichnen sich durch eine Reihe von sehr ungewöhnlichen biologischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften aus:

  1. Als Protein enthalten sie natürlich keine Nukleinsäuren, was für einen Krankheitserreger extrem ungewöhnlich ist. Die Entdeckung der Prione durch Prusiner wurde deshalb mit dem Nobelpreis honoriert.
  2. Anders als das richtig gefaltete Protein ist PRPsc extrem stabil und kann weder durch Desinfektionsmittel, noch durch Bestrahlung, noch durch Proteasen noch durch hohe Temperaturen zerstört werden (Erst ab 130°C).
  3. Anders als das normale Prion-Protein lässt sich das PRPsc auch in der Magensäure nicht zerstören, was die Übertragung der Krankheit durch Futtermittel erklärt.
  4. Als körpereigenes Protein löst das falsch gefaltete PRPsc keine Immunreaktion aus.

  

Bedingt durch die ungeheure Stabilität der Prione PRPsc erfolgt die natürliche Übertragung im Regelfall durch orale Aufnahme von kontaminierten Futtermitteln (an Scrapie verendete Tiere wurden früher zu Futtermitteln verarbeitet, das infektiöse Protein wird beim Futterherstellungsprozeß jedoch nicht zerstört und damit ist das Futtermittel ebenfalls infektiös), kontaminiertem Wasser, Fruchtwasser oder Nachgeburten. Kontaminierte Weiden und Ställe bleiben wegen der hohen Stabilität des Prions PRPsc sehr lange infektiös. Mit der aufgenommenen Nahrung gelangen die Erreger in den Darm und verbreiten sich auf noch teilweise unbekannten Wegen im Lymphsystem. Von dort wandern die Prione an den Nervenfasern entlang ins Gehirn, um dort das Gewebe langsam zu zerstören. Aus diesem Grund müssen infizierte Tiere vollständig aus der Nahrungskette entfernt werden.

Die Anfälligkeit von Schafen, sich mit Scrapie zu infizieren, ist allerdings sehr unterschiedlich. Die genetische Analyse bestätigte, dass Tiere mit bestimmten Mutationen im eigenen PRPc-Gen de facto resistent sind gegen Scrapie. Bei diesen Tieren sorgen Mutationen an den Aminosäurepositionen  136, 154 und 171 im Prion-Protein dafür, dass diese Tiere unempfindlich sind gegen Infektionen, vermutlich weil die Umfaltung der eigenen PRPc-Proteine durch die Mutationen nicht mehr oder nur noch sehr schwer erfolgt. Schafe mit homozygoten Erbanlage für Alanin (A) an Position 136, Arginin (R) an Position 154 und Arginin (R) an Position 171 (AA136, RR154, RR171) sind nahezu resistent und werden deshalb als sog. Genotyp 1 bezeichnet, währen andere Mutationen an diesen Stellen zu sehr hohen Infektionsraten führen (Genotyp 5) (vergl. Abbildung). Auf der Basis dieser Beobachtung lassen sich Zuchttiere in unterschiedliche Risikogruppen in Bezug auf die Scrapieempfänglichkeit einordnen, und die Empfänglichkeit der gesamten Herde gegenüber Scrapie durch gezielte Paarung mit G1 oder G2 Tieren einfach verbessern.

Der Erfolg einer Selektion auf den Genotyp 1 hängt von drei Faktoren ab:

1. Der Populationsgröße. Die graue gehörnte Heidschnucke gehört zwar zu den vom Aussterben bedrohten Haustierrassen, deren Gesamtpopulation allerdings noch groß genug ist, um auf den Genotypen 1 zu selektionieren. Die Notwendigkeit der Selektion auf den Genotypen 1  ergibt sich aus der rechtlichen Lage (Verordnung 999/2001/EG; seit dem 1.07.2001 unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht), dem Tierschutzgesetz und dem Schutz des Menschen vor ggf. belastetem Fleisch.

2. Der Ausgangsfrequenz des sog. ARR-Haplotypen. Liegt der ARR-Haplotyp nur in einer geringen Frequenz in der Population vor, so könnte es bei bei einem ausschließlichen Einsatz von GI-Böcken zu einem genetischen Flaschenhals mit Inzuchsteigerung kommen. Bei der grauen gehörnten Heidschnucke findet sich der ARR-Haplotyp - in Abhängigkeit von den untersuchten Herden der einzelnen Bundesländer - in ca. 15,5 % der Tiere (74,2 % ARQ-Haplotyp, Stand 2004). Dieser Anteil reicht aus um auf den Genotyp 1 zu selektionieren. 

3. Von möglichen korrelierten Merkmalen. Theoretisch wäre es denkbar, dass vom Züchter gewünschte Merkmale in den ggf. vorhandenen Tieren mit ARR-Haplotyp nicht vorliegen und deshalb der gewünschte Zuchtfortschritt mit den eigenen Tieren nicht erreicht werden kann. Dies kann insbesondere durch den Zukauft von G1-Böcken aus anderen Herden problemlos behoben werden. Zusätzlich ist festzustellen, dass bisher keine einzige negative Assoziation des ARR-Haplotypen mit den Leistungsmerkmalen der Tiere (Bonitur, Mütterlichkeit, Ablammraten etc.) festgestellt werden konnte.

Wir haben in den letzten Jahren konsequent auf den Genotyp I selektioniert, so dass unsere Herde inzwischen nur noch aus Tieren mit dem Genotyp I besteht. 

Prion-Theorie als Basis der GenotypisierungPrion-Theorie als Basis der Genotypisierung

GenotypisierungGenotypisierung

Falsch gefaltete Proteine führen zur Zerstörung der NervenzellenFalsch gefaltete Proteine führen zur Zerstörung der Nervenzellen

Durch anhaltenden Juckreiz abgescheuertes Fell eines Schafes mit ScrapieDurch anhaltenden Juckreiz abgescheuertes Fell eines Schafes mit Scrapie

Histologische Schnitte aus krankhaftem Gehirngewebe Histologische Schnitte aus krankhaftem Gehirngewebe

G2 genotypisierter Zuchtbock mit sonst herausragender Bewertung (9/9/8)G2 genotypisierter Zuchtbock mit sonst herausragender Bewertung (9/9/8)

Ein prächtiger G1-BockEin prächtiger G1-Bock

Graue gehörnte Heidschnucke - "Carolus", ein Nachkomme des Bundessiegers "Baruch"Graue gehörnte Heidschnucke - "Carolus", ein Nachkomme des Bundessiegers "Baruch"

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